Dialog und die Transformation unserer Institutionen

An der Schwelle zum 3. Jahrtausend steht unsere Gesellschaft vor großen Herausforderungen. Die künftige Generation von     Führungskräften und Agenten des sozialen Wandels wird neue  Fähigkeiten erlernen müssen. Dialog -- oder präziser Dialogos, die Kunst kohärenten Denkens -- wird eine Schlüsselrolle bei der  notwendigen Transformation unserer Institutionen in Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Verwaltung und Politik spielen.

Im November dieses Jahres (‘98) ist in den USA eine große Gruppe  von Menschen aus führenden Positionen zusammengekommen, um zukunftsweisende Modelle zu entwickeln und während des Treffen selbst zu praktizieren. Sie hören über die wesentlichen  Erfahrungen während dieses Treffens, bekommen Anregungen  für die Veränderung von Organisationen und sind zu einer  Diskussion oder einem Dialog eingeladen.

Vortragender:

Knut Berndorfer, Dr. rer. nat. Studierte und promovierte an der Technischen Universität in Wien und München in Physik.  Langjährige Industrietätigkeit. Fortbildungen im Bereich der  Bewußtseinsforschung, östlicher spiritueller Traditionen und  westlicher Psychologie. Lehrtrainer der Österreichischen  Gesellschaft für Biofeedback und PsychoPhysiologie und  Mitglied des Advisory Board der Biofeedback Foundation of  Europe. Arbeitet in Linz in der Erwachsenenbildung, als  Förderer des Dialogprozesses und in selbständiger Praxis im Gesundheitswesen.

                                                     Dialogos - die Kunst kohärenten Denkens

                           Herausforderungen und Perspektiven an der Schwelle zum 3. Jahrtausend.

Die enorme Beschleunigung in der technologischen Entwicklung,  die Explosion des Wissens und die Globalisierung der Wirtschaft      führen zu vollkommen neuen Problemen und Krisen. Die Anforderungen an uns werden dringlicher und unsere Methoden diesen Herausforderungen zu begegnen scheinen nicht mehr zu genügen. Wir sind am Ende einer Straße angelangt und das Gelände vor uns liegt im Dunklen.

Wir müssen einen Moment innehalten und erkennen, daß wir in  Schwierigkeiten sind und Ausschau halten, bevor wir weitergehen können. Wir stehen an einem Scheideweg der   menschlichen Evolution und unsere Handlungen werden  mitbestimmen, ob es die menschliche Rasse am Ende des 3.  Jahrtausend noch gibt.

In Zeiten der Krisen greifen wir gerne auf alte Theorien zurück,  zum Beispiel auf Darwins »Überleben des Tüchtigsten«. Der     Kokurrenzkampf wird härter und diejenigen, die nicht mithalten  können werden auf der Strecke bleiben. Aber es gibt noch eine andere Seite der Evolution.

Vor ca. 2 Millionen Jahren drohte ein Holocaust für die von  Stickstoff lebenden Bakterien, da sich die Sauerstoff  produzierende Bakterien derart vermehrten, daß sich das  Stickstoff - Sauerstoff Verhälnis der Atmosphäre entscheidend  veränderte. Es kam zu einer Symbiose verschiedener  Bakterienarten und es entstand die Urzelle, die Sauerstoff als  Energiequelle nutzen konnte und sich den veränderten      Bedingungen anpaßte. In der Natur gibt es zahlreiche Beispiele,  wie durch Kooperation von oft schwachen Einzelelementen ein  Gebilde entstand, das sich durchsetzte und starken  Einzelelementen überlegen war.

Wenn wir als Rasse überleben wollen, werden wir lernen  müssen in bisher nicht bekannter Form zu kooperieren. Wir  müssen unserern Gruppen IQ- und EQ-Quotienteten auf höhere Werte bringen als diejenigen der intelligentesten  Einzelmenschen. Dieser Trend beginnt sich bereits  abzuzeichnen. Firmen und Organisationen beginnen den Wert effizienter Teamarbeit zu erkennen und   Kommunikations-trainings sind in vielen Bereichen des Lebens  Mode geworden sind.

Der Physiker David Bohm, ein Schüler Oppenheimers und  Kollege Einsteins, widmete die letzten 10 Jahre seines Lebens  um den Dialog - genauer um dialogos - den Fluß einer  gemeinsamen Bedeutung in Gruppen zu entwickeln. Dialogos ist eine äußerst innovative und disziplinierte Form des miteinander  Redens und Zuhörens - eine Form des Gesprächs, das eine  gemeinsame Bedeutung zwischen Menschen erschafft und dazu führt, daß Konflikte kreativ gelöst werden, eine Kultur der Kooperation entsteht und die kollektive Intelligenz einer Gruppe  geweckt wird.

 Schon der Philosoph Martin Buber wies am Beginn dieses  Jahrhunderts auf die Notwendigkeit eine dialogische Haltung in      Beziehungen und in Gesprächen zu entwickeln.

Dialogos wurde nach dem Tod David Bohm's 1992 in  verschiedenen Settings in der Politik, in Firmen, in  Organisationen und in sozialen Foren erprobt, mit besonderem Blick auf die Entwicklung von »Lernenden Organisationen«.   Wir stehen erst am Anfang dieser Disziplin und beginnen dessen  Potential langsam zu erfahren.

Auch geht es darum eine dialogische Haltung zu entwickeln und diese in unsere persönlichen Beziehungen, in die Familie und in      unserer Arbeit einzubringen und damit ein Klima des Vertrauens  und der Solidarität zwischen Menschen zu schaffen. Dialogos in      Gruppen ist ein Feld, in dem wir diese Haltung erlernen und  praktizieren können und in dem sich gegenfalls auch eine      Gruppenintelligenz entfalten kann.

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